Google justiert Maps, Amazon will netten Läden helfen
Die großen Internetkonzerne machten 2018 mit einigen Stellschrauben auf sich aufmerksam, die für Local-Commerce-Konzepte in diesem Jahr sehr relevant werden könnten. Ein kurzer Rückblick auf das G und A der Plattformökonomie GAFA in 2018 und was der Local Commerce davon in diesem Jahr haben könnte.
So kündigte Google nicht nur einen Online-Marktplatz unter dem Namen „Google Shopping Actions“ an, sondern begann bereits in verschiedenen Ländern einen Follow-Button bei Map-Einträgen zu implementieren. Damit kann der Suchmaschinenriese das totgerittene Pferd Google+ zumindest in Teilen in seiner Kartenumgebung und einer der meist genutzten Funktionen und Apps überhaupt unterbringen. Location-Betreiber und Google-My-Business-Nutzer werden das Angebot sicher dankbar annehmen.
Amazon hingegen setzte 2018 ein weiteres Mal auf Image fördernde Maßnahmen. Unter dem Label „Amazon Storefronts“ werden lt. Amazon „tausende“ Marktplatzbeschicker*innen aus dem Umfeld kleiner- und mittelständischer Unternehmen zusammengefasst und porträtiert. Auf dem Amazon Blog „day one“ wurde gar eine Deutschland-Map (Titel: „Kleine Unternehmen kurbeln die Wirtschaft an“) hinterlegt, in der aus jedem Bundesland ein Testimonial für das KMU-Programm des US-Konzerns wirbt. Außerdem liefert ein Factsheet Zahlen und Statistiken zur KMU-Relevanz des Amazon Marketplace in Bezug auf das jeweilige Bundesland.
Die „weibliche“ Seite von Amazon
Einige der porträtierten Unternehmer*innen waren Teilnehmer des 2017 initiierten Coaching-Programms „Unternehmer der Zukunft“, das Amazon gemeinsam mit der WirtschaftsWoche durchführte und das den Start in den E-Commerce erleichtern bzw. den Ausbau bisheriger Online-Handelsaktivitäten von kleinen Betrieben insbesondere im internationalen Kontext vorantreiben sollte (siehe hierzu auch Kap. 1.5.2.2 „Meister der Krisen-PR“und Kap. 4.4.2.6 „Exkurs: Schulungen machen Schule“ im Buch „Local Commerce“). Mittlerweile läuft das Programm in der dritten Auflage und spricht explizit nur noch Unternehmerinnen an, sogar jene „aus ländlichen Regionen“. Die BRIGITTE Academy, der Verband deutscher Unternehmerinnen (VdU) sowie das Netzwerk „Global Digital Women“ sind Partner des Programms. Keine geringere als Staatsministerin Dorothee Bär MdB ist die Schirmherrin. So geht PR und der berühmt berüchtigte Fuß in der Tür der Politik. Wer sieht da denn noch den Evil in Amazon? Wer denkt angesichts dieser weiblichen Seite von Amazon noch an den digitalen Taylorismus und miese Arbeitsbedingungen in den Verteilzentren des Online-Riesen?
Wie weit Amazon über eine nette Kampagne hinaus denkt, ist schwer zu sagen. Klar ist, mit einem rührigen nationalen TV-Spot zu Amazon Storefronts und einem zur Schau getragenen Verantwortungsbewusstsein für das Wohl von KMUs will man dem grassierenden Amazon-Bashing (Steuergerechtigkeit, Arbeitnehmerrechte, Sargnagel der Innenstädte etc.) vermeintlich Stichhaltiges entgegensetzen. Nach dem Motto: Ohne den Amazon Marketplace gäbe es manche Läden schon gar nicht mehr – erst recht nicht die coolen und hippen vom Prenzlauer Berg. Ingrid Lommer vom Fachblatt Internet World Business hat die PR-Aktion „Storefronts“ fabelhaft kommentiert.
Interessant ist, dass die Storefronts mittlerweile über die Startseite von amazon.de beworben werden. „Entdecken Sie Produkte von kleinen und mittleren Unternehmen“ heißt es dort in einem Billboard-Banner. Wer sich auf die Seite begibt, dem wird sogleich der „Storefront der Woche“ samt abermals rührigem Videoporträt präsentiert. Es menschelt nun bei Amazon wie auf den gut gemachten lokalen Online-Marktplätzen dieser Republik. Wer hätte das für möglich gehalten? Und auch im Amazon Partnernet dürfen Publisher sich ein gutes Gewissen „erwerben“, wenn sie auf die Storefronts verlinken:
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Kann aus Amazon Storefronts das bessere eBay City werden?
Mit dieser Kommunikationsstrategie und dem Feigenblatt „Amazon Storefronts“ fährt Amazon aber allemal besser als eBay, dessen auch vom Handelsverband Deutschland (HDE) favorisiertes Modell „eBay City“ 2018 einen Rückschritt gemacht hat.
Zwar ist hierzulande die Kritik an Amazon längst noch nicht auf US-amerikanischem Niveau, wo sich insbesondere das „Institute for Local Self-Reliance“ (ILSR) zum Sprachrohr der Konzernkritik und damit zur Verfechterin regionaler Wertschöpfung anschickt, aber 2019 könnte auch in unseren Breiten und mit kräftiger Unterstützung der EU-Wettbewerbskommissarin Margrethe Vestager der Druck auf Amazon steigen. Vielleicht fällt dann sogar – quasi als gemeinwohlorientierter Kollateralschaden – ein „Amazon City“ ab, wer weiß.
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