Baufortschritt Neue Mitte Porz. Künftig wird ein Rundlauf zwischen den drei zentralen Einkaufslagen in Porz für eine erhöhte Aufenthaltsqualität und mehr Belebung sorgen.
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Innenentwicklung

NRW: Ein Bezirkszentrum stellt sich neu auf – Innenentwicklung am Beispiel Köln-Porz

Bereits seit Jahren stehen Innenstädte und Ortszentren als Handelslagen unter enormem Druck. Der generelle Strukturwandel im Einzelhandel spiegelt sich in steigenden Umsätzen des Online- Handels und vielerorts in Schließungen von Einzelhandelsbetrieben wider.

Problematische Entwicklungen, wie sie in diesem Zusammenhang zu beobachten sind, bspw. die aktuellen Filialschließungen von Galeria Karstadt Kaufhof, hat das auf die Versorgung seiner gut 114.000 Einwohner*innen ausgerichtete Bezirkszentrum Köln-Porz bereits vor vielen Jahren leidvoll erfahren müssen: Die Schließung des damaligen Flaggschiffes Hertie. Seitdem das Haus im Jahr 2009 aufgegeben wurde, hat das Zentrum einen massiven Wandel vollzogen. Zwar kann das bereits 2003 eröffnete Einkaufscenter City Center Porz mit seinen Magnetbetrieben weiterhin wichtige Kundenfrequenzen generieren, doch hat der örtliche Einzelhandel im Umfeld seine frühere strukturprägende Funktion deutlich eingebüßt.

Insbesondere in der traditionellen Einkaufsstraße des Porzer Bezirkszentrums sowie in den Randlagen der City sind Trading-Down-Tendenzen erkennbar, die z. T. durch städtebauliche Missstände forciert werden. Die Anzahl der Einzelhandelsbetriebe schrumpfte deutlich – allein in fünf Jahren (2016 bis 2021) verschwanden knapp zehn Prozent der Handelsobjekte. Insbesondere inhabergeführte Geschäfte wurden aufgegeben. Oftmals folgten dienstleistungsorientierte oder gastronomische Angebote; in einzelnen Bereichen des Bezirkszentrums prägen Leerstände das Stadtbild. Auch Vergnügungsstätten (Spielhallen, Wettbüros) haben zentrale Ladenlokale belegt. So zeigt die traditionelle Bahnhofstraße aktuell nur einen eingeschränkten Branchenmix bei einer gleichzeitig hohen Ansiedlung und Fluktuation gastronomischer Betriebe im Imbissbereich.

Konzeption für die Neue Mitte Porz

Nach Schließung des Hertie-Hauses sorgte die Brachfläche inmitten des Porzer Zentrums viele Jahre für negative Auswirkungen auf die städtebauliche Attraktivität und die Aufenthaltsqualität, denn die Revitalisierung des Geländes und die damit einhergehende Neustrukturierung des Standortes gestalteten sich schwierig. Mit dem Kauf der Fläche durch die Stadt Köln im Jahr 2014, der Übertragung der Projektentwicklung an die Tochter moderne Stadt GmbH im Jahr 2016 und dem Abriss des Altgebäudes im Jahr 2018 konnte das Projekt „Neue Mitte Porz“ als neuer Impuls für das Bezirkszentrum forciert werden. Das Konzept verfolgt eine Aufwertung des Standortes durch eine bauliche Neuordnung mit insgesamt drei Häusern, die mit den Bauverantwortlichen moderne stadt GmbH, Sahle Wohnen GmbH & Co. KG und Aachener Siedlungs- und Wohnungsgesellschaft mbH umgesetzt werden – dies mit einem attraktiven Mix aus gewerblichen Nutzungen und rund 130 Wohnungen. Damit werden neue Signale für die wirtschaftliche Zukunft des Bezirkszentrums gesetzt.

Dass dem individuellen Stadtentwicklungsprojekt „Neue Mitte Porz“ eine sehr hohe Qualität bei der Stadt- und Projektentwicklung zugrunde liegt, konnte im Jahr 2023 nicht zuletzt die Auszeichnung mit dem polis-Award in Silber in der Kategorie „Reaktivierte Zentren“ bestätigen. Trotz der positiven Impulse zehren die Entwicklungen der Vorjahre wie die lang andauernden Bautätigkeiten an den Nerven der örtlichen Akteure. Vielerorts haben sich über die Zeit Frust und Resignation breit gemacht. Es ist daher naheliegend, dass die Stadt Köln mit ihrem Bezirkszentrum Porz prädestiniert war, eine Förderung im Rahmen des Sofortprogramms Innenstädte und Zentren in Nordrhein-Westfalen zu erhalten, um so Unterstützung bei der Bewältigung der anstehenden Herausforderungen zu bekommen.

Impuls zum Zentrenmanagement

Seit Sommer 2021 ist die CIMA Beratung + Management GmbH von der Stadt Köln mit dem Anstoß eines Zentrenmanagements beauftragt. Wurden zunächst die Potenziale und Risiken vor Ort identifiziert und Handlungsbedarfe analysiert – bspw. durch die Dokumentation der Nutzungsstrukturen und Leerstände, eine Untersuchung von Qualitätsmerkmalen des lokalen Einzelhandels sowie die Analyse der Online-Präsenz lokaler Händler*innen – ging es danach stärker um den Aufbau eines lokalen Netzwerkes und um gezielte Abstimmungen sowie um Unterstützung der lokalen Gewerbetreibenden und Immobilieneigentümer*innen. Es wurden zahlreiche aktivierende Gespräche geführt. Auch eine Vor-Ort-Sprechstunde kam zum Einsatz.

Durch die Organisation verschiedener Aktionen zum Tag des Veedels, das Angebot zweier Digitalisierungsworkshops für örtliche Gewerbetreibende sowie einer Informationsveranstaltung für Eigentümer*innen zum Thema Immobilien- und Standortgemeinschaften ist zudem wertvolle Aufbauarbeit geleistet worden. Zum Teil erschweren verschiedene Rahmenbedingungen, wie z. B. organisatorische Strukturen oder städtebauliche Missstände in räumlichen Abschnitten, jedoch die weiteren Aktivitäten vor Ort. Mit der Erarbeitung des Integrierten Entwicklungskonzeptes (ISEK) Porz-Mitte und der Aufnahme in ein Städtebauförderprogramm, welches u. a. bauliche Umgestaltungsmaßnahmen und die geplante Verstetigung des Zentrenmanagements in einem zukünftigen Büro für Vernetzung ermöglicht, ist ein guter Rahmen für die Weiterentwicklung des Bezirkszentrums geschaffen worden. Um das Bezirkszentrum Porz auf dem Weg hin zu einem lebendigen, individuellen und identitätsstiftenden Zentrum zu begleiten, braucht es nun weitere gemeinsame Anstrengungen – und vor allem ein Quäntchen mehr Optimismus!

Gudula Böckenholt

Die Diplom-Geografin bringt als erfahrene Projektleiterin und Gutachterin bei der cima am Standort Köln sowie als gefragte Referentin regelmäßig wertvolle Perspektiven und Inhalte für eine interessierte Fachwelt ein. Zu ihren inhaltlichen Schwerpunkten zählen die Innenstadtentwicklung, das City-Management sowie Einzelhandels- und Zentrenkonzepte.

boeckenholt@cima.de

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cima-direkt-2-2023

Dieser Beitrag erschien im cima.direkt Magazin 2/2023 mit dem Titel: Schlüsselrolle Innenentwicklung.

Als cima wollen wir Perspektiven aufzeigen, auf die drängenden Fragen einer zukunftsgerechten und nachhaltigen Stadt- und Regionalentwicklung. Mit dieser Magazinausgabe richten wir den inhaltlichen Fokus auf die städtebauliche Strategie der Innenentwicklung, da sie ein zentraler Baustein ist, um Städte und Gemeinden im Sinne einer nachhaltigen und ressourcenschonenden Entwicklung zu gestalten.

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